16. Juli 2024

Offener Brief unserer neuen Schulleiterin Daniela Allin

Urspringschule, 15. Juli 2024


Liebe Urspring-Gemeinde,

als angehende Schulleiterin möchte ich über diesen offenen Brief einige Worte an Sie richten.

Vor vier Monaten kam ich das erste Mal nach Urspring. Mittlerweile, wenn ich aus dem schönen Blautal und Achtal kommend in die Straße nach Urspring einbiege, ist es für mich schon ein Ankommen an diesem besonderen Ort: In den Ferien und an den Heimfahrt-Wochenenden prägt eine erhabene Ruhe das Urspringgelände, dominiert von der Natur und den altehrwürdigen Gebäuden. Während der Dekaden herrscht eine lebendige, gemeinschaftliche und offene Atmosphäre, geprägt von den Menschen. Ich begegne neugierigen Blicken, freundlichen Worten und geschäftigem Treiben.

Idyllisch. Erhaben. Lebendig. Offen. Vielfältig. – Das war meine Wahrnehmung ab dem ersten Besuch. Hier leben, lernen und arbeiten zu dürfen, muss schön sein, dachte ich mir. Als man mir später die Stelle als Schulleiterin anbot, konnte ich also nur zusagen. Ab August werde ich offiziell Teil dieser Gemeinschaft sein, worauf ich mit Spannung und Vorfreude blicke. Seit einiger Zeit bin ich bereits mehrmals in der Woche zu Besuch, um Menschen und Abläufe kennenzulernen. Ich bewege mich also - inzwischen nicht mehr ganz so orientierungslos - zwischen Hellhaus und Remstalhütte, Alter und Neuer Schule, Dorment und Mädchenhaus, Sporthalle und GTZ, Blue Chili und Saustall, Mühle und Drei-Königs-Mühle - und ja! - finde mich endlich nicht mehr ungewollt vor den aufgeregt schnatternden Gänsen am Urspringtopf wieder. Und mittlerweile ist mir auch das Paradies als real existierender Ort in Urspring bekannt.

Ein Dankeschön möchte ich an dieser Stelle allen sagen, die immer wieder offen sind für kurze, manchmal auch längere Gespräche, die mir geduldig Rede und Antwort stehen, und die mir ein herzliches Willkommen geschenkt haben.

Wer sich fragt, was mich nach Urspring geführt hat, dem sei gesagt: kein geradliniger, sondern sehr abwechslungsreicher Lebensweg. Ich war selbst Schülerin an einer Internatsschule mit naturwissenschaftlichem Profil in der damaligen DDR, habe anschließend Germanistik und Slawistik in Jena studiert, mein Staatsexamen als Gymnasiallehrerin abgelegt und danach nie aufgehört zu lernen. Denn nach meiner Erfahrung hält Lernen im positiven Sinne wach und ermöglicht ein aktiv gestaltetes Leben.

Beruflich führte mich mein Weg über ein Gymnasium, mehrere Waldorfschulen bis zu einem beruflichen Schulzentrum. Dabei durfte ich Schülerinnen und Schüler von der 2. bis zur 13. Klasse in den Fächern Deutsch, Russisch, Literatur und Theater, Betriebliche Kommunikation sowie Gemeinschaftskunde unterrichten. Ich konnte verschiedene Teams, Gruppen und Fachabteilungen leiten, Erwachsene fortbilden, bei den Bildungsplanreformen 2016 und 2021 mitarbeiten und als Schulbuchautorin für Verlage tätig werden.

Meine Schwerpunkte lagen dabei in den letzten Jahren in der Oberstufe, der Medienentwicklung und im theaterpädagogischen Bereich.

Eng damit zusammen hängt mein privater Lebensweg, der mich über Lebensorte in mehreren Bundesländern (Thüringen, Bayern, Hessen, Baden-Württemberg) zu einer Familie mit zwei tollen, mittlerweile erwachsenen Töchtern führte. Da sie sich auf ihren eigenen spannenden Wegen befinden, kann ich einen großen Teil meiner Zeit und Energie nun Urspring und seiner Gemeinschaft widmen. Ein kleinerer Teil geht in die Erkundung der Schwäbischen Alb und der Mundarten rund um „Schälklenga“.

In Urspring wirksam zu werden, bedeutet für mich, eine dynamische Kultur des Miteinander weiterzuentwickeln. Neben der Sicherung des gymnasialen Anspruchs gehört dazu, dem Motto gerecht zu werden: „Urspring macht Schule. Und mehr.“ In diesem „Mehr“ sehe ich vor allem das Erleben von Gemeinschaft und ganzheitliche Bildung: solides Wissen in Kontexten anwenden, hinterfragen, ins Handeln kommen, eigene Stärken entwickeln, Verantwortung für sich und andere übernehmen. Dabei gilt es ebenso, Veränderungen in der Gesellschaft zu reflektieren, sich mit technologischen, kulturellen und politischen Entwicklungen auseinanderzusetzen – auch aktiv, kreativ, künstlerisch-ästhetisch.

Urspring ist bereits bekannt für seine vielfältigen außerunterrichtlichen Aktivitäten und die pädagogische Arbeit, ebenso durch die Doppelqualifikation Abitur & Lehre und die Basketball-Academy, die neben dem hohen Leistungs-Anspruch die Jugendlichen vor allem als heranwachsende Menschen sieht. Dies ist so nur möglich durch das engagierte Miteinander der Menschen, die in Urspring tagtäglich wirken. Dazu gehören Sie, die Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte, pädagogischen Fachkräfte, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Haustechnik, Reinigung, Küche und Verwaltung, sowie die Mitglieder von Stiftungsrat, Vorstand und Alturspringbund und auch die wachsende Zahl der Alumni.

Eine solche Kultur des Miteinander erfordert den Dialog. Der offene, gewaltfreie, wertschätzende Dialog ist wichtiger denn je, um ein friedliches Leben in einer Demokratie zu sichern. Er wird getragen von achtsamem Zuhören und Wahrnehmen sowie Aufrichtigkeit, Toleranz und kritischer Reflexion. Die Kinder und Jugendlichen sollen auch weiterhin in Urspring Raum finden, in dem sie diese Werte erfahren und leben, ihre Persönlichkeit in sicherer Umgebung bilden und entfalten können und Schule und Lernen angstfrei erleben als so viel mehr als nur den Weg zum Abitur. Den jungen Menschen möchten wir positive Perspektiven geben können: in eine Zukunft, die sie aktiv mitgestalten wollen, dürfen und können.

Dieser offene Brief kann ebenfalls einen Dialog eröffnen: Schreiben Sie mich gern an, sprechen Sie mich an, teilen Sie Ihre Ideen, Anregungen, Wahrnehmungen mit mir und anderen, sodass wir gemeinsam die Urspringschule weiterentwickeln können. Ich freue mich sehr auf einen regen Austausch und eine inspirierende Zusammenarbeit im Sinne unserer Urspring-Gemeinde.

Ich grüße Sie herzlich!

Ihre Daniela Allin